Ein Mieter kann hinsichtlich der bei einer Betriebskostenabrechnung vom Vermieter geschuldeten Belegvorlage grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung verlangen, ohne insoweit ein besonderes Interesse darlegen zu müssen. Nur in Ausnahmefällen ist die Vorlage von Kopien ausreichend.
Der Fall
Die Mieter einer Wohnung verlangten von ihrer Vermieterin die Einsicht in die den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2015 bis 2017 zugrundeliegenden Originalbelege. Die Vermieterin hatte den Beklagten stattdessen Belegkopien übersandt. Dies reichte den Mietern nicht, so dass sie die Geltendmachung des Anspruches klageweise verfolgten.
Nachdem die Klage vor dem Amtsgericht erfolgreich war, wies das Landgericht in zweiter Instanz die Klage ab. Zur Begründung führte das Berufungsgericht an, dass ein Recht zur Einsichtnahme in die Originalbelege nur bestehe, wenn auf Seiten des Mieters "konkrete Gründe" gegeben seien, sich mit Kopien nicht zufriedenzugeben, wie z.B. bei einem begründeten Verdacht von Manipulationen oder Unstimmigkeiten.
Die Entscheidung
Diese rechtliche Beurteilung hat der Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht standgehalten. Nach Ansicht des BGH kann die Vermieterin die Mieter nicht auf Kopien verweisen, sondern muss die Original-Belege zur Einsicht vorlegen. Denn eine vom Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB vorzunehmende Abrechnung diene dazu, die Betriebskosten des jeweiligen Abrechnungsjahres zu erfassen, zusammenzustellen und unter Abzug der jeweils geleisteten Vorauszahlungen auf die einzelnen Mieter zu verteilen. Dazu müsse die Abrechnung den allgemeinen Anforderungen des § 259 Abs. 1 BGB entsprechen.
Eine Betriebskostenabrechnung müsse den Mieter in die Lage versetzen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil nachzuprüfen. Zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung gehöre es laut BGH auch, dem Mieter die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu ermöglichen, soweit dies erforderlich sei, die Abrechnung zu überprüfen oder etwaige Einwendungen vorzubereiten.
Original-Belege müssen nicht zwingend solche in Papierform sein, sondern können auch digital übermittelt werden, so der BGH. Vom Vermieter gefertigte Kopien sind jedoch Originalbelegen grundsätzlich nicht gleichzustellen. Zudem seien Original-Belege uneingeschränkt geeignet, die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung zu überprüfen, selbst wenn sie vielfach durch Kopien ersetzbar sein mögen. Demgemäß dürfe der Mieter grundsätzlich Einsicht in die einer Betriebskostenabrechnung zugrundeliegende Originalunterlagen nehmen. Dieses Recht sei auch nicht von einem besonderen Interesse des Mieters abhängig. So müsse ein Mieter, dem ohne sein Einverständnis vom Vermieter nur Belegkopien zugänglich gemacht werden, nicht der Verdacht aufgezeigt werden, die Kopien seien manipuliert oder wiesen sonstige Unstimmigkeiten auf.
Der BGH führt ferner aus, dass nur ausnahmsweise nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Kopien von Rechnungsbelegen in Betracht komme, nämlich dann, wenn ihm die Einsichtnahme in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden könne. Ob dies der Fall sei, müsse anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Ein weiterer Ausnahmefall, in dem der Vermieter nicht Einsichtnahme in die Originalbelege schulde, komme dann in Betracht, wenn der Vermieter seinerseits von seinem Dienstleister entsprechende Belege nur in digitaler Form erhalten hat. Im vorliegenden Fall habe aber eine solche Ausnahme nicht vorgelegen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2021, Az. VIII ZR 66/20 BGH
Quelle: Vdiv.de